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Besucher*innen erleben die digitale Zukunft

Rund 300 Gäste haben zur Langen Nacht der Wissenschaften (LNDW) 2019 das Einstein Center Digital Future (ECDF) besucht. Im Haus der Digitalisierung erlebten die Besucher*innen musizierende Bäume, virtuelle Einsätze des Roten Kreuzes, elektronische Textilien, intelligente Steuerung von Wassernetzen und vieles mehr. Professor*innen boten bis Mitternacht Forschung zum Anfassen.

Wie könnte Energie in Wohnvierteln eingespart werden? Dieser Frage gehen Besucher*innen am Stand von Prof. Dr. Sergio Lucia nach. Auf einem Bildschirm bauen sie ihren eigenen smarten Kiez und überlegen, wie viele Batterien, Photovoltaik-Anlagen oder Gasthermen zum Einsatz kommen sollen. „Mehr als 30 Teams haben bei mir ihren smarten Kiez gebaut. Es war eine großartige Gelegenheit, zusammen zu diskutieren und zu sehen, wie komplex das Problem ist und wie verschiedene Faktoren wie reale Wetterdaten oder die Art des Gebäudes den bestmöglichen smarten Kiez beeinflussen“, sagt er.

Prof. Dr. Andrea Cominola beschäftigt sich mit der intelligenten Steuerung von Wassernetzen. In einem Labor an der TU Berlin hat er Sensoren installiert. Sie erfassenverschiedene Parameter wie Druck, Durchfluss und Vibrationen. Diese Daten werden in Echtzeit ins ECDF übertragen und zeigen, wie der Zustand von Pumpen und anderen Komponenten eines Wassernetzes in Echtzeit überwacht werden können. „Die Besucher*innen waren sehr daran interessiert, mehr über die technologischen und sozialen Auswirkungen meiner Forschung zu erfahren. Ich war sehr beeindruckt, wie viele unterschiedliche Menschen zu Besuch in das ECDF gekommen sind. Ich freue mich sehr, dass die Bürger*innen solche Möglichkeiten haben, sich mit Forschung und Wissenschaft auseinanderzusetzen“, erzählt er.

Prof. Dr. David Bermbach deutet auf eine interaktive Karte von Berlin. „Hier sehen Sie die Paulsborner Straße in Halensee. Wie man erkennen kann, werden Radfahrer*innen an dieser Stelle oft sehr dicht überholt“, erklärt er. Die Karte ist Teil des Forschungsprojektes „SimRa – Sicherheit im Radverkehr“. Über eine eigens entwickelte Smartphone-App erfassen die Forscher*innen Daten zu Beinah-Unfällen. „Natürlich müssen wir auch für die Paulsborner Straße noch weitere Daten sammeln und auswerten, um auch wissenschaftlich belastbare Aussagen treffen zu können“, so Bermbach. Von der LNDW sind er und sein Team begeistert: „Wir hatten viel Andrang und sind auf großes Interesse gestoßen. Ich bin gespannt, wie viele Nutzer*innen wir neu gewinnen konnten.“

Eine Besucherin zieht einen plissierten Stoff auseinander und faltet ihn wieder zusammen. Aus dem Lautsprecher ertönen daraufhin Klänge. Prof. Dr. Berit Greinke hat verschiedene Muster von textiler plissierter Sensorik zur LNDW mitgebracht. Die Professorin für Wearable Computing zeigt, wie die verarbeiteten Sensoren auf Berührung und Verformung reagieren können. „Die Besucher*innen waren vielfältig und haben spannende Fragen gestellt. Die LNDW war für mich eine tolle Gelegenheit, erste Rückmeldungen zu erhalten“, sagt Berit Greinke.

Modedesign-Studierende der UdK haben sich mit Utopien digitaler Körperlichkeit auseinandergesetzt. Dabei haben sie sich unter anderem mit folgenden Fragen beschäftigt: Wie kann die digitale Identität eine Möglichkeit sein, um über Körper und Kleidung zu reflektieren? Welche Fähigkeiten hat der digitale Körper, die über den menschlichen Körper hinausgehen? Was wäre, wenn es in Zukunft keine Körperlichkeit gäbe?

Aus einem Raum erklingt ein Schlagzeug. Doch beim Betreten ist kein Instrument zu sehen. Stattdessen streckt eine Pflanze ihre Blätter aus. Die Besucher*innen tippen auf die einzelnen Blätter und musizieren. Entwickelt hat dieses „Instrument“ Prof. Dr. Daniel Hromada. Er ist Professor für digitale Bildung an der Universität der Künste. Mit den verschiedenen Bildungsartefakten wie der digitalen Fibel oder dem Schlagzeugbaum geht er neue Wege der Wissensvermittlung. „Vor ein paar Jahren habe ich in Paris an der französischen Variante der LNDW teilgenommen und bis Samstag wusste ich nicht, dass die LNDW auch in Berlin eine sehr wichtige Rolle spielt. Die Anzahl der Besucher*innen, die in unser Haus der Digitalisierung gekommen sind, hat mich sehr positiv überrascht. Ich habe mich am meisten gefreut, dass zwischen den Besucher*innen auch ein paar Kinder waren, die meine ‚frisch-gebackene‘ digitale Fibel – ein Artefakt, das elektronisches Papier mit berührungsloser Interaktion kombiniert – getestet haben und sie Spaß daran hatten“, berichtet Hromada.

In der Micro Factory nebenan surrt der 3-D-Drucker. Aus rotem Kunststoff entstehen hier Armbänder, die die Besucher*innen mitnehmen dürfen. Am Lasercutter steht Friedrich Schmidgall, der Leiter der Micro Factory, und legt neue Papierbögen in die Maschine. Für die LNDW hat er einen Würfel mit ECDF-Logo entworfen, der vom Lasercutter ausgeschnitten wird. „Die Besucher*innen waren sehr beeindruckt. Besonders die Kinder hatten viel Freude, die Maschinen in Aktion zu sehen“, erzählt Schmidgall.

Die Führungen durch das Future Security Lab sind sonst nur Fachgruppen vorbehalten. Zur LNDW gab das Team des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit Einblicke in die aktuelle Sicherheitsforschung in Deutschland. Sie führten einen Demonstrator vor, der zur Einbindung freiwilliger Helfer*innen im Krisenfall zum Einsatz kommt. Mit Virtual-Reality-Brillen erlebten die Besucher*innen eine Sichtungsübung des Deutschen Roten Kreuzes. Ein einfaches Labyrinth-Spiel trug zum Verständnis sinnvoller Notausgangsbeschilderung bei. „Wir haben uns über die interessierten Besucher*innen sehr gefreut. Viele diskutierten mit uns über Themen wie Datenschutz, anonymisiertes Bildmaterial und Sensortechnik und den damit verbundenen komplexen Problemlagen“, berichtet Helga Jäckel, Wissenschaftliche Referentin des Forschungsforums Öffentliche Sicherheit.

Cornelius Hutfless und sein Team nehmen die Besucher*innen mit in verschiedene virtuelle Räume: ins Theater, ins Fußballstadion, in die Kirche oder in die Moschee. Möglich macht das die Augmenting-Reality-App „CuCube“. Die Nutzer*innen können sich über eine AR-Brille und Kopfhörer ein individuelles, visuelles und akustisches Szenario zuschalten, sehen aber weiterhin alle Nutzer*innen im Raum innerhalb ihrer eigenen AR-Projektion. Menschen mit verschiedenen Lebensstilen werden durch dieses Gemeinschaftserlebnis zusammengebracht.

Die nächste Lange Nacht der Wissenschaften findet am Samstag, den 6. Juni 2020, statt.